Die Macchie

Die „Macchie“ ist eine Gebüschformation, auf die man im mediterranen Raum trifft. Sie besteht in erster Linie aus Kräutern der Provence und Hartlaubbäumen, die „als kugelig befressene Zwergbüsche“ (Quelle Wikipedia) ihr Dasein fristen. Von Wald kann keine Rede sein, interessanterweise sprechen ggf. fragwürdige Vegetationskundler dennoch z.B. von Steineichenwäldern. Die Macchie verströmt den Geruch von frischem Pfefferminztee und Lavendelhonig. Die Tiere der Macchie bestehen aus Ziegen, Amseln und Hausschweinen, die sich in einer komplizierten Dreiecksbeziehung gegenseitig von Nutzen sind. Gegessen wird um 12.

Deniz, bis Du frei bist

Deniz Yücel muss in U-Haft, das heißt Knast für eine kaum absehbar lange Zeit, falls nicht in irgendeiner Weise politisch interveniert wird, denn das ist er, ein politischer Gefangener. Die Frage, ob öffentlicher Druck bei einem Regime wie dem Erdogans hilfreich ist oder vielleicht sogar kontraproduktiv, halte ich für unsinnig. Er breitet seine Macht und Willkür so weit aus, wie er kann. Dagegen die Stimme zu erheben und das auch von der Bundesregierung zu verlangen, ist unbedingt richtig. Selbst, wenn ich Deniz nicht als einen der lesenswertesten Journalisten und tollen Menschen kennengelernt hätte oder ihn dafür hielte, wäre ich jetzt erst recht entschlossen dazu. Wenn die Mittel schon bescheiden sind, sollte man nicht auch noch bescheiden damit umgehen. Deniz, bis Du frei bist.

Der Brief und das Papier

Ein Mann sitzt auf einer Parkbank und liest einen Brief. Dabei fallen seine Tränen auf das Papier. Da hat er fertiggelesen, zerteilt das Papier langsam in viele kleine Schnipsel und füttert damit die herbeigeeilten Enten. Dann faltet er den Brief bedächtig zusammen, steckt ihn sich in die Brusttasche seiner Jacke. Das Papier, auf das die Tränen gefallen sind und das er zerteilt hat, war Esspapier speziell für Enten.

Informationen zu Capri-Sun

1. Wenn ein Saftunternehmen einen Rudisturm erntet, weil es eine bekannte Marke durch eine kaum nennenswerte Änderung ins Denglische übersetzt (man achte aut den Bindestrich), die gleichen Leute aber die alten Werbebilder mit Ali feiern, der ja aber aus einem ANDEREN LAND komme und ein bayerischer Comedian mit gespielter, aber eigentlich echter Empörung fragt, was als nächstes komme, Kids Chocolade statt Kinder-Schokolade? Nein. Die wird in Otto-Schokolade umbenannt und es kommen Kinderfotos der beliebtesten NS-Politiker drauf

2. Der in Fachkreisen auch „Standbeutel“ genannte Verkaufssack wäre zugegebermaßen das gewesen, was man als erstes hätte ändern sollen, u.a. um noch mehr Leute zu ärgern. Wer an die Fummelei mit dem Strohhalm „schöne Erinnerungen“ hat -> wäre damals mitmarschiert.

3. Rein geschmacklich ist Capri-Sun nicht zu beanstanden. Der Saftanteil liegt zwischen -5 (Cola-Mix, Mystic Dragon, Die Schlümpfe) und 12% (Orange, Apfel-Kirsch+Zitrone, SUPER-KIDS), die Zutaten sind künstlichen Aromen nachempfunden und nach zehn Beuteln ist der erste Durst auch schon gestillt. 6.5/10

4. Das Unternehmen verdient seit spätestens 2013 Solidarität, als es die von „Foodwatch“ vergebene Rudiauszeichnung „Windbeutel des Jahres“ erhielt. Natürlich, weil die Capri-Sun nicht gesund genug sei und sich die Werbung gezielt an Kinder, nicht an Erwachsene richte. Ich rufe die Jugend auf, trotzig Zuckerwasser zu trinken. Lauwarmen Früchtetee kriegt ihr im Alter noch genug.

Erinnerung: Alemannische Fastnacht

Was ich in meiner Freiburger Zeit lernte: Die alemannische Fastnacht ist eine deutlich ernstere Angelegenheit als der rheinische Karneval. Während letzterer so eine Art mutwillige Schließmuskelerschlaffung im öffentlichen Raum darstellt, wird bei der Fastnacht viel mit grimmigen Holzmienen, Märschen von bald militärischer Strenge und bedeutungsschwangeren, düsteren, betont heidnischen Ritualen gearbeitet. Unsere Nachbarin im dritten Stock gehörte einem der ältesten Fastnachtsvereine der Stadt an und trug einige Monate lang eine Art ganz in rot gehaltenes Papageienkostüm mit allerlei Glöckchen dran. Man hörte sie schon von weitem auf der Straße und dann im Treppenhaus, mit jedem Tritt auf die knarzenden Holztreppenstufen ein lautes Ganzkörper-Glockenrasseln. Und das so etwa zehn Mal am Tag, weil die gute Frau gerade in dieser Zeit viel auf Achse war. Was erstmal lustig klingt, war schon nach wenigen Tagen supernervig. Was ihr auch bewusst gewesen sein dürfte. Wenn man sich auf der Treppe begegnete, schaute sie einen mit einer merkwürdigen Mischung aus Schuld-, Selbst- und Pflichtbewusstsein an. Und so müde. So müde. Ich hätte ihr gerne gesagt: Du musst das nicht tun. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass man sich die Fastnacht als Eingeborener nicht abstreifen kann. Man hat es, oder man hat es nicht.

Blogbuch: Passt zur Wohnung

Wenn der Kunstbanause sagen wir mal einen Sessel kritisiert, der zwar schön ist, aber unbequem, hat er zugleich Recht und Unrecht. Es muss noch immer lustig gewesen sein, wenn jemand eine Skulptur oder ein Gemälde in seiner Wohnung hat und die Kunst mit den anderen Accessoirs zu passen hat. Man sollte es sich nie, aber wirklich nie nehmen lassen, Gastgebern ein Kompliment dafür auszusprechen, wie gut ihre Kunststücke zum Rest der Wohnung, zur nahegelegenen Küche usw passen, auch und gerade, wenn es stimmt.