Lange, bevor die Avocado zu einer Trendfrucht und einer Art Symbol für so manches wurde, war sie in meiner Kindheit schon jeden Abend auf dem Küchentisch. Geschmeckt hat sie mir nie besonders, immer etwas mau, muffig, leicht giftig im Geschmack, Konsistenz auch unangenehm, schmierig. Der Kern landete regelmäßig in einem mit Wasser gefüllten Glas. Hintergrund war die affige Idee meiner Eltern, den Kern zum Keimen zu bringen und einen Avocadobaum im Garten zu pflanzen – in Westfalen. Die Vorstellung, wie unsere Nachfahren in diesem Baum herumklettern und Avocados naschen würden, machte mich wütend. Noch schlimmer aber war ein Albtraum, den ich einmal hatte. Wie ich an einem heißen Sommertag vom Bolzplatz komme und das erstbeste Wasserglas hinunterstürze und das mit dem Avocadokern erwische. Und dann so richtig dieses Gefühl geträumt, wie dieser eigroße, glatte Kern langsam den Hals herunterrutscht und sich die Verwandten furchtbare Sorgen machen, was denn jetzt sei, ob der Kern wohl „einfach verdaut“ würde (so ein Unsinn, das machte mich im Traum schon wieder wütend) oder was man da jetzt machen könne, vielleicht doch besser Operation. Dann hab ich im Traum heftig dagegen protestiert und gesagt, ich würde „das Ei schon legen“ oder so ähnlich, das könne man ja kontrollieren – da vermischten sich noch reale Erlebnisse mit verschluckten Murmeln und Legosachen mit der Avocadoangst. Naja und dann träumte ich, wie ich in der Küche (!) mit heruntergelassener Hose auf einem großen, gusseisernen Topf sitze und von meinen Geschwistern ordentlich ausgelacht werde und widerliche Dörrpflaumen essen muss, damit der Kern besser rausflutscht. „NA LOS, DRÜCKEN“, rufen alle und ich will nurnoch, dass sie mich im Garten begraben. Dann bin ich irgendwann aufgewacht. Ich glaube, das war einer der schlimmsten Albträume, die ich je hatte, aber es tut gut, darüber zu schreiben. Und wenn ihr das nächste Mal Avocados esst, müsst ihr ja vielleicht auch daran denken – geteiltes Leid ist halbes Leid.