Blogbuch: Bildtelefon

Das Bildtelefon hat sich im Privaten nie wirklich durchgesetzt. Selbst heute, wo es vermutlich so leicht ist wie nie, einen Videochat zu machen, bevorzugen viele den normalen Chat oder Anruf – oder auch eine seltsame Mischung aus beidem, die Sprachbotschaft. Und das alles in Zeiten ungezählter Selfies. Ich denke, das Bildtelefonieren hat etwas von Auftritt, was viele daran stört. So als trete man im Fernsehen auf. Man weiß nicht, wie man in dem Moment aussieht, man hat keine direkte Kontrolle darüber. Der Winkel oft ungünstig, die Lichtverhältnisse fragwürdig. Was beim Schnappschuss schon kultig und ein Fall für Instagram ist, ist im Livevideo vielleicht nur Zumutung. Ein falsches Wort ist schnell korrigiert, ein falsches Gesicht ist schnell gemerkt. Nur Kinder stört das alles nicht. Sie können anfangs garnicht genug davon bekommen, sich und andere im Videochat zu sehen, bis nach einigen wenigen Tagen auch das langweilig ist – das wiederum, weil die Leute im Videochat noch mehr als beim normalen Telefonieren Inhalte vernachlässigen. Es geht irgendwann einfach um nichts mehr, ein bisschen so wie im „Mittagsmagazin“. Die angestrengt grinsende Tele-Gegenwart der Verwandtschaft wird zur Belastung. Kein Wunder, dass auch die Kinder dann nicht mehr wollen.

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