Migosch

Ein Musiker übt in seinem kleinen großstädischen Apartment das Violinkonzert von Glazunov und hat auf dem Gasherd einen übertrieben großen Topf Szegediner Gulasch am Köcheln dranne. Ein Nachbar kommt nach vereinbartem Klopfzeichen durch die unverschlossene Wohnungstür, schnuppert interessiert, schaut in den Topf und rührt darin herum (der Musiker übt ungerührt weiter). Da sagt der Nachbar: „Migosch, tschuldige, aber wer soll das denn wieder alles essen?“ Migosch setzt ab: „Äh, niemand. Ich mag es bloß, wenn beim Üben der kleine Raum so durchdringend nach Goulash riecht und sogar etwas Dunst von der Geige tropft. Ja, die Finger gleiten auch besser über die Saiten.“ Der Nachbar schaut etwas verwirrt und ungläubig, zuckt dann mit den Schultern und legt sich mit einem fragenden Blick in ein Regal?“ Ja, leg dich ruhig hin“, sagt Migosch. Und während er schon wieder zu spielen anfängt: „Ich war selber lange das Goulash, weißt du? ich bin Migosch, eines Tages bin ich wie eine kleine Ratte die Regenrinne draußen hochgeklettert und oben haben sie getanzt und gelacht und ah, it was such. Ich war das ganze Haus als Gefühl. Und im Orchester waren alle ganz leise, leise. Und als ich so aufgeregt war, so aufgeregt. Der Nachbar ist im Regal eingeschlafen. Migosch lächelt und ist die ganze Geschichte als Erinnerung.

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