Im Schlosspark

Im Schlosspark ist im Frühling ein flacher, großer Hügel mit schwarzer Erde aufgeschüttet, auf der viele kleine bunte Blumen blühen. Mit furchtgeweiteten Augen starre ich den Hügel an. Gehe dann über einen Weg zu einer längeren Treppe, diese hinunter und einige Straßen weiter, steige dann in einen Bus, der mich fast vor meiner Haustüre rausläßt. Gehe sofort zu meinem Kellerverschlag, suche und finde den Spaten. Dann setze ich mich auf einige Kisten und warte.Als es dunkel und Nacht geworden ist, fahr ich mit dem letzten Bus zu den Straßen und der Treppe bis zu dem Hügel hinauf. Ich bin der letzte Fahrgast und der Busfahrer ist weg. Der Bus steht genau vor dem Hügel und die Scheinwerfer beleuchten IHN. Langsam steig ich aus, den Spaten fest in meinen Händen. Schaue mich um, aber es ist niemand da. „Ihr seid frei“, rufe ich laut in einer fremden Sprache, und die vielen Blumen auf dem Hügel beginnen erst zu vibrieren und zu zittern, dann sich langsam aus dem Hügel herauszuschütteln und auf dünnen Wurzelbeinen in alle Himmelsrichtungen davonzulaufen. Dann steige ich auf die Mitte des Hügels und beginne zu graben. Stich um Stich. Um Stich um Stich und. Grub und grub, und ich lass dich nicht im Stich. Stich um Stich. Da, der Spaten stößt auf Holz. Hektisch lege ich einen Sarg frei. Ich lasse dich nicht. Ich hole dich. Ich hole dich. Ich lasse dich nicht im Stich. Da sind die Nägel und Scharniere abgeschlagen und ich öffne den Sarg. Und darin…der Bus, der vorher noch die gespenstische Szenerie beleuchtet hat, als Busfahrer-Pappmaché-Figur und der Bus noch zusätzlich, der gerade normal an der Straße in dem Sarg abfährt und auch noch ein Hügel mit Blumen.

Sonderbar gebogen

Ich fühl mich heute so sonderbar gebogen.
Die Gesetze der Physik sind offenbar aufgehoben.
Ohne einen Schritt zu tun, strecke ich mich zum Kühlschrank im oberen Geschoss,
tauche den Kopf in die Terrine und esse einen Königsberger Kloss.
Ich kann plötzlich machen, wonach immer mir ist.
Zeitreisen, Dimensionsprünge, Rechnungen stunden ohne Frist.
Fliegen wie ein Adler, tauchen wie ein Rochen.
Alte Freunde besuchen, sogar Jochen.
Und das alles, ohne mich aus dem Bett zu begeben.
Die einen nennen es Spinnerei, ich Leben.

Kannibalenausweis

Ein Kannibale geht in ein Museum und legt, wie andere etwa Presse- oder Behindertenausweise, seinen Kannibalenausweis an der Kasse vor.

„Kannibalenausweis. Und was soll ich jetzt damit?!“
„Ich dachte Kannibalen haben vielleicht freien Eintritt“
„Nein. Ich finde das ehrlich gesagt auch nicht lustig.“
„Oh weh, ich wollte sie nicht verletzen oder verärgern und bitte um Entschuldigung. Hier also, 6 Euro, der volle Preis.“
„Danke. Ihre Jacke und ihre Tasche können Sie dort hinten in ein Schließfach einschließen. Die sind kostenlos.“
„Für Kannibalen?“
„Für alle…“

Ich bin immer ich

Eine Person betritt ein verwinkeltes Trödel-Antiquariat und findet nach einer Weile den Besitzer, einen kleinen Herrn in einem Ohrensessel sitzen. „Entschuldigen sie. Darf ich sie etwas fragen“ – Der Herr nickt wenig begeistert. „Und zwar bin ich auf der Suche nach einem Fledermausmantel, so einen, den Atahualpa mal besessen haben soll.“ Das Gesicht des Herrn hellt sich auf. „Endlich mal eine interessante Frage, danke dafür. Aber nein, ich habe natürlich keinen Fledermausmantel.“ „Ach, wie bedauerlich. Da kann man nichts machen, ich empfehle mich.“ „Gut, auf Wiedersehen.“ Als die Person den Laden verlassen hat, betritt der Herr eine Garderobe, öffnet einen alten Schrank und zieht sich einen bizarren Mantel aus vielen kleinen Fledermausfellen über. Und mit einer seltsamen Stimme sagt er „Ich bin immer ich.“

Sonntage

Sitze in einem einfachen, aber sehr bequemen Lehnsessel und höre den Goldenen Hahn von Rimski Korsakow, da kommt mit einem Mal ich selbst in klein, etwa opossumgroß, ins Zimmer rein und beginne auf einem entsprechend kleinen Herd Popcorn zuzubereiten. Traue mich nicht, mich anzusprechen, aber ich scheine zu wissen, was ich tue. Aus Verlegenheit schlage ich lieber in einem Buch nach, was auf einer bestimmten Seite steht. Ahja. Im Augenwinkel ziehe ich mit dem fertigen, herrlich duftenden Popcorn quasi ab. Stelle mich an die Fensterfront und werde nachdenklich. So klein habe ich mich noch nie gesehen. Hatte auch eine freche Hose an, freche Farbe. Den Herd muss ich natürlich wegmachen. Draußen fahren sieben gelbe Wesen auf einem Septem (Tandem für sieben) in einen gefährlichen Waldweg hinein. Sonntage sind und bleiben die furchtbarsten Tage.

Schlag den Reiher

Jahrmarkt, regnerisch. Trotz Samstagabend sind relativ wenig Leute unterwegs, die meisten drängen sich um die Fressbuden. Der Hauptgewinn am gewaltigen, aber verwaisten Losstand ist eine riesige Gottschalkpuppe. In einer besonders dunklen Ecke des Jahrmarkts steht ein kleiner, etwa lokusgroßer Kasten mit der Überschrift „Schlag den Reiher“. Ein Mädchen hat einen Euro bekommen und weiß nicht so recht, wofür sie ihn ausgeben soll. Als sie den heruntergekommenen und ramponierten Reiher hinter der Absperrung sieht, fragt sie die alte Kassiererin, ob sie den Reiher auch umarmen statt schlagen darf, wenn sie den Euro zahlt. Da lächelt die alte Frau überrascht und sagt: „Wenn du ihn umarmt, musst du garnichts zahlen“ und öffnet die Absperrung. Etwas ängstlich geht das Mädchen in das kleine Kabuff und steht vor dem Reiher, der von außen kleiner aussah als er wirklich ist. Da fasst sie sich ein Herz und umarmt ihn. Er riecht nass und muffig und ihr ist kalt. Aber plötzlich legt der Reiher seine Flügel um sie und sie fühlt sich wunderbar geborgen. „Danke“, sagt der Reiher. „Ach, dafür nicht“, sagt das Mädchen; den Spruch hat sie irgendwo mal aufgeschnappt. Guter Dinge verlässt sie den Reiher, winkt noch einmal und kauft sich von dem gesparten Euro eine Dose Bier, die sie der Frau am Reiherstand schenkt. Da lacht die Frau, öffnet die Dose, „zieht sie weg“ und rülpst unglaublich laut, sodass das Mädchen weinend vor Lachen nach ihrem Hause läuft. Außerdem sitzen noch sieben gelbe Wesen in einem einzigen Autoscooter und wissen genau, wie sie fahren müssen, um nicht angedotzt zu werden. Ende.

Pokalgeschäft für Pokale

Eine Person eröffnet ein Pokalgeschäft für besonders schöne Pokale. Da kommt auch schon der erste Kunde. Ja, ich hätte gerne einen nicht zu teuren hehe Pokal für einen Kindergeburtstag, da…die Person hebt die Hand und sagt „entschuldigen sie, darf ich sie gleich unterbrechen. Ich verkaufe hier nur Pokale für besonders schöne Pokale.“ – „Eh, ja er darf ruhig besonders schön sein, oder was verstehe ich gerade nicht? ¿“ – „Nein, verstehen sie, wenn jemand zuhause oder in Besitz einen besonders schönen Pokal hätte, dann könnten sie hier als Auszeichnung für den Pokal einen Pokal kaufen. Zu anderen Anlässen verkaufe ich meine Pokale nicht.“ – „Das verstehe ich zwar immernoch nicht, aber zumindest soviel, sie wollen mir für den Kindergeburtstag keinen Pokal verkaufen“ – „Leider, ja.“ – „Und wenn ich jetzt sagen würde, der ist für einen besonders schönen Pokal…“ – „Das wäre zwar gelogen, aber so würden wir theoretisch ins Geschäft kommen.“ – „Also gut, das nehme ich auf mich. Ich kenne da also jemanden, das stimmt sogar, wie mir gerade einfällt, der einen besonders schönen Pokal zuhause hat, und für den würde ich gerne einen Pokal bei Ihnen kaufen, einen kleinen aber, nicht zu teuer.“ – „Ich habe Pokale für Pokale in allen Größen und Preisklassen, das wird nicht das Problem sein. Schauen Sie etwa hier, wie wäre der?“ – „Wunderbar, genau so einen hatte ich mir vorgestellt. Wieviel kostet der denn.“ – „Ich nehme hier nur Pokale als Bezahlung.“ – „Jetzt wollen sie mich veralbern!“ – „Ja, da habe ich mir einen kleinen Scherz erlaubt, haha“ – „Hahaha, sie sind schon ein verrückter Vogel“ – „Ach nunja. Das macht dann 10 Euro.“ – „Oh das ist aber wirklich sehr günstig.“ – „Aber jetzt passen sie auf, was ich mit dem Pokal mache“. Die Person wirft den Pokal auf den Boden und trampelt auf ihm herum, bis er ganz verbeult ist. „Um Himmels Willen, was ist nur in sie gefahren.“ – „Ich halte es einfach nicht aus, ihre Lügen!!! Ich verkaufe Pokale nur für besondere Pokale, nicht für kleine Rotznasen. Sehen sie den anderen Pokal hier? Aus dem trinke ich jetzt Holunderbeersaft. Hier, die Flasche. Ich gieße ein. Aaaaaah, herrlich. Fliederbeersaft kann man auch sagen. Fühle mich gestärkt, ich laufe urplötzlich los!!!“ Sagt’s und spurtet aus dem Laden. Der Kunde schaut ihm an der Tür hinterher, schüttelt den Kopf und legt sich dann flach auf den Verkaufstisch und verwandelt sich in einen dampfenden Samowar. Sieben gelbe Wesen steigen außerdem noch in einen Karton.

Sieben gelbe Wesen wissen es

Eine Person mit normalem Kopf macht sich auf eine lange Wanderung einen Berg hinauf, um die sieben gelben Wesen zu besuchen, die es wissen. Der Weg ist beschwerlich und selbst für erfahrene Bergsteiger eine enorme Herausforderung. Doch das stimmt interessanterweise garnicht und es ist ein eher angenehmer Weg zum Flanieren bis hoch zum Gipfel. Guter Dinge tritt die Person ein in die kleine Grotte der sieben gelben Wesen, die es wissen. Doch es sind nur fünf und selbst einfache Fragen wissen sie nicht. Da ist eine Tür mitten in der Geschichte und man kommt bei Karstadt raus. Nach einer Weile in der Stadt kauft sich die Person noch einen Kaffee, den sie sich in eine kleine Phiole schütten lässt, die sie um den Hals trägt. Dann spielt sie Skat mit den zwei gelben Wesen, die nicht da waren, gewinnt am Ende aber in Doppelkopf, weil sich die gleiche Person wie sie selbst noch mit dazugesetzt hat.

Die Küh Hähn

Einmal bin ich über einem verlassenen Hof gewesen. Die Küh Hähn war hoch schräg gewesen und Rand am Rest von Heu mit Dreschflem hogen Mehl her irwie und. Hohe Holz und Wänd mit Gräserm Licht durch schein und Flech aus Schien mit halb durch spittnern Schein auf Schwernass Matsch und Boden. Das alte Haus am Rank mit Bälk in halben Richt noch Blätt und falschem Wind. Warn nicht die Kinder warn nicht die Alten halb oben gewesen. Mit ihren Danken und den Sorgen und dem Lied. Halb aus dem Fenster halb auf dem Hof und. Immer etwas über. War immer etwas oberhalb. Ich war der Hof und bin er nie gewesen. Den Boden hab ich nie berührt.

Libellenbesuch

Einmal wohnte ich in einer städtischen Dachwohnung mit kreisrundem Fenster. Es war Sommer und jeden Tag kam eine Libelle zu Gast. Mit ihrem schimmernden Panzer und den fast unsichtbaren Flügeln setzte sie sich an den Frühstückstisch zu mir und aß entweder Joghurtspeise oder auch mal eine Brötchenhälfte mit Cervelatwurst. Dabei schaute sie mich mit ihren Facettenaugen freundlich an und ich lächelte zurück. Ehrlich gesagt aß ich garnicht oft oder gerne Frühstück, aber hatte es mir dann, wie man sich leicht denken kann, zur Angewohnheit aus Gründen der Libellengesellschaft gemacht. Ihr wisst wahrscheinlich, was jetzt kommt. Eines Tages kam sie nicht mehr. Anfangs hoffte ich noch, sie wäre nur einige Tage unpässlich, aber aus Tagen wurden Wochen und traurig stand ich mit Libellenkostüm am Fenster und konnte nichts machen. Im Bett dachte ich, sie ist sicher glücklich mit einer anderen Libelle nach Madagaskar geflogen, wo sich Libellen wahrscheinlich gerne versammeln. Es geht ihr bestimmt gut, ihr ist ja nichts schlimmes passiert. Aber sie ist nicht hier. Und da musste ich bitterlich weinen. In der Nacht träumte ich, wie sie mit ihren Freundinnen und Freunden morgens durchs Fenster kommt und ich schnappe über vor Freude und lache und sage ich habe ja garnicht genug Cervelatwurst für alle und da lachen die Libellen auch und es geht irgendwie nurnoch um Cervelatwurst, was mich dann im Schlaf irgendwie ärgerte. Insgesamt war es aber dann praktisch wirklich passiert, nicht nur im Schlaf, und die Erleichterung, sie noch einmal wiedergesehen zu haben und dass sie jetzt gut aufgehoben ist in der großen Libellenfamilie, das war richtig gut. Einzige Sache das mit der Cervelatwurst, dass das anscheinend so wichtig war, musste nicht sein.