Kodiakbär, nicht Grizzly

Als Kind hatte ich mal einen Fimmel, geboren aus einem „Was ist was“ – Buch glaube ich, etwas ständig, gerne auch ungefragt zu wissen. Nämlich das viele glaubten, der Grizzly sei der Größe nach der König der Bären, tatsächlich aber der KODIAKBÄR. Also am Mittagstisch, in der Schule, im Auto, beim Fußball. Gerade so ein Zweikampf und ich so „der KODIAKBÄR ist übrigens der größte Bär, nicht der Grizzly“ (Tor für die gegnerische Mannschaft). Und dann natürlich zuhause… „der Kod…“ – „jaha, größer als der Grizzly“ – „…als der Grizzly, genau.“ Auch erste Dates waren davon geprägt; mit dem Wissen zunächst gepunktet, durch das Abfragen zurück zum Start und die Wiederholung war dann zuviel. Dann war ich später noch jahrelang Cognacbär. Heute stehe ich der Information eher gleichgültig gegenüber. Nur für den Fall, dass es jemand wissen will. Nicht der Grizzly, sondern der Kodiakbär ist der größte Bär.

Nudelsalat

Der elterliche Nudelsalat zu Silvester hat eine lange Tradition. Auch wenn man an Neujahr oder einige Tage später zu Besuch kommt, ist eine riesige Schüssel davon auf dem Tisch (risch schön durchgezogen), sowohl mittags als auch abends, wer will auch zum Kaffeetrinken. Der Nudelsalat ist auch nicht nur in dieser einen großen Schüssel. Teile sind noch in anderen Schüsseln auf diverse Kühlschränke verteilt und auch auf Tellern, in Schälchen und Tuppern („nehmt doch welchen mit, bitte“), teils sogar in Schubladen, in Hüten und Jackentaschen. Lachend kommt jemand in Gummistiefeln mit zwei weiteren großen Eimern Nudelsalat von der Terrasse herein, die waren noch in der Gartenhütte.

Eine gute Freundin

Regelmäßigen Kontakt mit Freunden, die nicht auf Facebook oder anderen social networks grinden, hab ich kaum. Eine Ausnahme bildet seit ungefähr den späten 90ern eine Freundin, die heute mit zwei Kindern (alleinerziehend) in Basel lebt. Sie war nie auf Facebook oder Twitter, nur E-Mail war und ist unser regelmäßiger Kontaktweg; ich antworte immer innerhalb weniger Stunden, sie innerhalb weniger Tage. So ist das jetzt wirklich schon seit 20 Jahren. Von Angesicht zu Angesicht sehen wir uns meistens 3-4x im Jahr. Wir machen dann ausgedehnte Spaziergänge oder sitzen stundenlang in der Küche oder in einem Café und erzählen dem jeweils anderen was vom Leben. Es ist selten genug, um etwas aufgekratzt, aber oft genug, um sich auch beim gemeinsamen Schweigen nicht unangenehm zu sein. Außerdem schmunzeln wir gerne seitlich was weg. Wenn das Thema auf meine Shitpostingtätigkeit kommt, lacht sie besonders viel. Ich habe das Gefühl, sowohl mit mir als auch über mich, was ich sehr angenehm finde. Meine Texte findet sie „gut“. Besonders wenn es um meine gemalten Bilder geht, von denen sie mittlerweile auch welche besitzt, lacht sie in sich hinein und sagt „ach Benni“, und ich muss dann auch in mich hineinlachen, bis ich etwas trotzig mit „naja, aber“ zu einer Apologetik ansetze – und sie, gespielt ernst: „nee, !“ so im Sinne von „nee, du, die Bilder sind ja teilweise auch gut, das will ich garnicht ins Lächerliche ziehen“, aber auch ein bisschen „lass lieber“…dann Pause und dann wieder etwas „wackeln“ (fast tonlos und kurz in sich hineinlachen).

Das ist es, was ich zu meinen Bildern zu sagen habe. Nämlich so gut wie nichts. Nur ein kurzes Aufbegehren und dann ein schelmisches Wackeln.

Orangene Tauchringe

Ich hab mich mal wieder hingelegt, um mir Gedanken zu allgemeinen zeitgenössischen, aber auch schon älteren Themen zu machen und bin darüber kurz eingeschlafen. Wieder der Traum, wie ich lassoschwingend auf einem Wildschwein reite. Haben wir keine anderen Probleme? Im Freibad nehmen orangene Planschbälle und Tauchringe immer mehr zu. Keinen interessierts. Eine Gruppe von Badegästen konnte ich für das Thema sensibilisieren. Sie lassen sich auch nicht mehr für dumm verkaufen. Dass orangene Planschbälle und Tauchringe zunehmen, ist objektiv feststellbar und eine Sache unmittelbarer Erfahrung. Wir sind in der Gruppe dann so wütend geworden, dass jemand mit einem Messer einem Kind seinen orangenen Planschball zerstochen hat, leider zurecht. Wir sind keine Unmenschen, aber wir können auch Probleme nicht ignorieren. Sicher, Gewaltkriminalität ist in den letzten Jahren nicht explodiert, das sagen alle Statistiken, aber das lässt sich ja ändern und orangene Planschbälle und Tauchringe nehmen immer mehr zu, das ist ein Fakt, und es ist schlicht Fakenews, so zu tun, als sei alles in Ordnung. Ich habe jetzt auch immer Messer dabei und auf Twitter bin ich auch. Wahnsinn ist das alles.

In Montevideo

In Montevideo ist mir einmal etwas Seltsames passiert. Montevideo ist die Hauptstadt von Uruguay. Ich war im Barrio Flor der Maroñas auf der Avenida Luis Braille in einem dieser teilmotorisierten Gondeln unterwegs, in denen man mit mehr oder weniger heruntergelassenen Hosen zumeist von einem Ortskundigen zu den einschlägigen lokalen Bauchläden gefahren wird, an denen man kleine scharfe Eselswürste in Bananenblättern zu kaufen hat. Da war ich mitten in einen mir bizarr erscheinenden Umzug hineingeraten; der Gondelfahrer war schon einige Kreuzungen vorher abgesprungen, weshalb ich im Schritttempo durch riesige, bald haushohe Sagengestalten aus Segeltüchern und aufwendigem Maché, teils Meeresungeheuer, bedeutende Politiker, Tanzgruppen, überflüssige, zeitungslesende Hutträger und unheimlich laut spielende Trompetengruppen hindurchknatterte. Ich wagte allein aufgrund der Geräuschkulisse keineswegs, ein fragendes Wort an irgendjemanden zu richten, worum es sich hier wohl handele. Da öffnete sich vor mir ein besonders eindrucksvolles Umzugsgefährt oder fahrendes Wesen, das so eine Art riesiges Yak oder einen südamerikanischen Wasserbüffel darstellen sollte; öffnen in dem Sinne, dass die etwa litfaßgroßen Hinterbeine leicht auseinandergingen und sich ein großes dunkles Arschloch aus einer Art interessanter Wellpappe geformt ein stückweit öffnete und als hätte es jemand so gewollt, nahm meine führerlose Gondel plötzlich gefühlt (!) Fahrt auf – vielleicht wurde der große Büffel aber auch immer langsamer – und ich weiß nicht mehr genau warum, aber schicksalsergeben und auch etwas neugierig beugte ich mich etwas vor. Und mit einem Ruck war mein Kopf schließlich von hinten in den großen Ochsen eingedrungen und alles um mich herum war tiefschwarze Nacht, bis ich einige Tage später von der Feuerwehr von Montevideo den Umständen entsprechend befreit, gerettet wurde und meinen Urlaub sogar fortsetzte, als sei nichts gewesen.

Blogbuch: Tattoos und Texte auf T-Shirts

Jetzt liest man vermehrt, man solle Tätowierte nicht fragen, was dieses oder jenes Tattoo bedeute. Das hat mich spontan an ein älteres Familienmitglied erinnert, das es immer sehr beschäftigte, was auf T- und Sweatshirts draufsteht. Typische Szene: „du, was steht denn da auf deinem T-Shirt?“ – „Och irgendwas, ist von C&A, hab ich garnicht drauf….“ – „…Down…Town…ist Englisch…Down…Town…Est. – Established? Ja. 1981 NYC, New York City wohl, Nee York City, ahja, darunter steht es ja auch nochmal, Borough 10301. Postleitzahl?“ Und so weiter. Worauf ich hinaus will: wenn man nicht will, dass seltsame Leute die Texte auf T-Shirts vorlesen, kauft man sich ein unbedrucktes.

Erinnerung: Erster Supermarkteinkauf

Ich kann mich noch genau an die ersten Tage erinnern, als ich nach Abitur und Zivildienst zuhause auszog in eine Butze nach Gelsenkirchen, wo ich eigentlich eine Ausbildung zum Musikalienhändler machen wollte, aber dann hatten da irgendwie eine Schule 40 Posaunen bei dem Laden bestellt und dann doch nicht gekauft, und dann war der ohnehin defizitäre Laden endgültig pleite und ich musste dann stattdessen mich an der Uni anschreiben. Naja. Jedenfalls weiß ich noch, die ersten Tage, da wurde mir als erstes klar, jetzt hast du nicht nur immer deine Ruhe, sondern kannst auch erstmal Lebensmittel kaufen und alles was du willst. Das war irgendwie ein vermeintlich banaler Gedanke, aber das war bei mir so WOAH dann erstmal so in den Kaufpark da am GE Bahnhof und irgendwie so…oah krass, LEBENSMITTEL selbst kaufen. Am Anfang hat man ja auch noch so „Basics“ nicht und ich so, ich kann kaufen, was ich will, aber auch mit Köpfchen, jetzt muss auch an alles gedacht werden und nicht nur ne Limo und ein paar Nackensteaks. Ja und dann war nach drei Gängen oder so der Wagen komplett voll, ich hatte halt an alles gedacht und mehr noch, alles davon auch in den Wagen getan. Hatte dann ernsthaft überlegt, noch einen zweiten Wagen zu holen, aber ich hab dann einfach nach oben gestapelt – wie Wägen sind ja nach oben offen – und dann noch unten wo eigentlich die Getränkekisten reinkommen und so alles noch vollgestellt. Und die Leute alle schon so am Gucken so nach dem Motto „na denn mal guten Appetit“ und ich so „jau du, danke“ und dann fahr ich Richtung Kasse, steh da noch ewig, immer wieder Blicke, ich so zurückgeguckt „ja da kannste mal sehen“ usw. Und dann war ich dran, dauerte auch saulang, das alles wieder in den Wagen und teils in Tüten zu räumen. Ja und dann so: „228 Euro bitte.“ Und ich hatte nur um die 190 Euro oder so noch aufm Konto. Ich hatte so mit 100 Euro gerechnet. Und nachdem die Kartenzahlung dann schiefgegangen war, meinte die Kassiererin so „hatten se schonmal ’n Problem mit der Karte“ und ich so „jaja, das ist immer wieder“ lol und dann meint ich so „ich heb mal schnell was ab und komm wieder“ und dann bin ich ein paar Monate später nach Essen gezogen.

Badmintonplatz

Weißt du noch, wir spielten Badminton vor dem Ferienhaus. Der Badmintonplatz war umgeben von Kiefern, so dass der Dings nicht vom Küstenwind erwischt werden konnte.
Ich zeigte dir einen Trick. Mit dem Badmintonschläger konnte man Kieferzapfen unglaublich hoch in die Luft ballern, so dass sie im Himmel verschwinden und die Erde schließlich als ausgewachsene Bäume verlassen. Ja, der Sport. Ich mache die Augen zu und falle noch einmal mit dir in die Zukunft.

Merkwürdige Erfahrung im Hotel

Eine der merkwürdigsten Erfahrungen meines Lebens widerfuhr mir einmal ziemlich spät abends in einem Hotel. Es klopfte an meine Tür, lang und auch laut, so als wäre es dringend und etwas passiert. Mit pochendem Herzen und weichen Knien ging ich in Unterhose – ich hatte bereits bettfertig auf den Schlaf gewartet – zum Fenster, öffnete es und kletterte eine Feuerleiter aus dem dritten Stock runter in eine Art Hof, wo wenige Autos standen. Dann ging ich einmal um das Gebäude herum, vorne wieder rein – die Rezeption war noch besetzt, es saß jedoch niemand „vorne“, sondern in einem Hinterzimmer, so dass mich niemand komisch angucken konnte. Und dann die Treppen hoch zu dem Flur mit meinem Zimmer. Da konnte ich gerade noch sehen, wie jemand die Tür hinter sich schloss. Etwas ungehalten klopfte ich kräftig und horchte. Offenbar regte sich etwas in dem Zimmer. Es klang, als würde jemand ein Fenster öffnen und hinaussteigen. Unentschlossen überlegte ich, was nun zu tun sei, da kam ein Bediensteter vorbei und bot an, mir aufzuschließen, da ich mich jawohl ausgeschlossen hätte. Im Zimmer war niemand, aber das Fenster war auf, als wäre gerade jemand rausgestiegen. Als der Bedienstete gegangen war, schaute ich noch einmal den Gang runter und ging dann rein. Dann klopfte es nach einiger Zeit wieder. Aber dieses Mal war es glücklicherweise ich selbst und nachdem ich mich reingelassen hatte, konnte ich dann auch zügig einschlafen.