Orangene Tauchringe

Ich hab mich mal wieder hingelegt, um mir Gedanken zu allgemeinen zeitgenössischen, aber auch schon älteren Themen zu machen und bin darüber kurz eingeschlafen. Wieder der Traum, wie ich lassoschwingend auf einem Wildschwein reite. Haben wir keine anderen Probleme? Im Freibad nehmen orangene Planschbälle und Tauchringe immer mehr zu. Keinen interessierts. Eine Gruppe von Badegästen konnte ich für das Thema sensibilisieren. Sie lassen sich auch nicht mehr für dumm verkaufen. Dass orangene Planschbälle und Tauchringe zunehmen, ist objektiv feststellbar und eine Sache unmittelbarer Erfahrung. Wir sind in der Gruppe dann so wütend geworden, dass jemand mit einem Messer einem Kind seinen orangenen Planschball zerstochen hat, leider zurecht. Wir sind keine Unmenschen, aber wir können auch Probleme nicht ignorieren. Sicher, Gewaltkriminalität ist in den letzten Jahren nicht explodiert, das sagen alle Statistiken, aber das lässt sich ja ändern und orangene Planschbälle und Tauchringe nehmen immer mehr zu, das ist ein Fakt, und es ist schlicht Fakenews, so zu tun, als sei alles in Ordnung. Ich habe jetzt auch immer Messer dabei und auf Twitter bin ich auch. Wahnsinn ist das alles.

In Montevideo

In Montevideo ist mir einmal etwas Seltsames passiert. Montevideo ist die Hauptstadt von Uruguay. Ich war im Barrio Flor der Maroñas auf der Avenida Luis Braille in einem dieser teilmotorisierten Gondeln unterwegs, in denen man mit mehr oder weniger heruntergelassenen Hosen zumeist von einem Ortskundigen zu den einschlägigen lokalen Bauchläden gefahren wird, an denen man kleine scharfe Eselswürste in Bananenblättern zu kaufen hat. Da war ich mitten in einen mir bizarr erscheinenden Umzug hineingeraten; der Gondelfahrer war schon einige Kreuzungen vorher abgesprungen, weshalb ich im Schritttempo durch riesige, bald haushohe Sagengestalten aus Segeltüchern und aufwendigem Maché, teils Meeresungeheuer, bedeutende Politiker, Tanzgruppen, überflüssige, zeitungslesende Hutträger und unheimlich laut spielende Trompetengruppen hindurchknatterte. Ich wagte allein aufgrund der Geräuschkulisse keineswegs, ein fragendes Wort an irgendjemanden zu richten, worum es sich hier wohl handele. Da öffnete sich vor mir ein besonders eindrucksvolles Umzugsgefährt oder fahrendes Wesen, das so eine Art riesiges Yak oder einen südamerikanischen Wasserbüffel darstellen sollte; öffnen in dem Sinne, dass die etwa litfaßgroßen Hinterbeine leicht auseinandergingen und sich ein großes dunkles Arschloch aus einer Art interessanter Wellpappe geformt ein stückweit öffnete und als hätte es jemand so gewollt, nahm meine führerlose Gondel plötzlich gefühlt (!) Fahrt auf – vielleicht wurde der große Büffel aber auch immer langsamer – und ich weiß nicht mehr genau warum, aber schicksalsergeben und auch etwas neugierig beugte ich mich etwas vor. Und mit einem Ruck war mein Kopf schließlich von hinten in den großen Ochsen eingedrungen und alles um mich herum war tiefschwarze Nacht, bis ich einige Tage später von der Feuerwehr von Montevideo den Umständen entsprechend befreit, gerettet wurde und meinen Urlaub sogar fortsetzte, als sei nichts gewesen.

Tagtraum: Ich möchte euch essen

Sechs Menschen verbringen aus Gründen eine Zeit in einer gemeinsamen Wohnung und beratschlagen, wie man die Verpflegung gestaltet. Die ersten fünf haben etwas unterschiedliche Vorstellungen, einigen sich aber im Großen und Ganzen auf gängige Lebensmittel. Dann sagt der sechste: „ich seh das alles etwas anders, ich möchte euch essen.“ Die anderen lachen, runzeln dann die Stirn und beginnen sich furchtbar aufzuregen. Tage- und wochenlange Auseinandersetzungen mit dem Thema folgen, die aber auch von Respekt vor den Wünschen des sechsten Menschen geprägt sind, mit dem man nunmal quasi in einem Boot sitzt. Zwar heißt es teilweise „das können wir uns nicht bieten lassen“, „jetzt ist Schluss“ usw, aber „letzten Endes kann man nicht viel machen“. Der Sechste nickt und beißt etwas von einem Unterschenkel ab, den man ihm schon abgetreten hat.

Tagtraum: Hotelzimmer

Später Tagtraum: checke in ein Hotel ein, dessen Zimmer nachts nach Spielautomaten leuchten. Ich werfe den Inhalt des Koffers hinein und schließlich auch den Koffer selbst. Doch es will nicht gewinnen. Am Ende will ich nurnoch verlieren und liege schmerzverzerrt auf dem Bett. An der Decke rollen noch die Walzen. Da hat es gewonnen. Es blinkt, es lärmt, es klingelt. Und der Whirlpool im Badezimmer füllt sich mit Fanta Holunder.

Tagtraum: HUHNGUT

Ich werde beim Geflügelfleischvertrieb „HUHNGUT“ als Social Media Manager engagiert, um das Image des niedersächsischen Traditionsunternehmens mit sympathisch-flotten Sprüchen aufzulolieren. Äh polieren *lach*

Jedenfalls klingelt nach einigen Tagen das Telefon im Büro des Geschäftsführers und ein aufgeregter Angestellter bittet ihn, einmal die Facebook-Seite aufzurufen und zu gucken, was der Neue, Herr Wiesinger, da veranstaltet.

Tatsächlich ist die ganze Seite mit hunderten von kurz hintereinander abgesetzten Beitragen gefloodet, in denen immer nur sowas steht wie HUHNGUT HUTGUT MUT HUHNMUT usw.

Der Geschäftsführer eilt mit einigen anderen in „mein“ Büro und fordert mich auf, unverzüglich mit dem Gespamme aufzuhören. Dann profitiere ich von meiner Büroerfahrung und sage laut „Mahlzeit!“ und sofort sagen alle anderen auch „Mahlzeit“ und alle gehen in die Kantine und essen Hähnchenschlegel mit Kartoffelbrei und Schwarzwurzelgemüse. Aber der Konflikt schwelt weiter, vor allem weil ich während des Essens weiterspamme mit Smartphone und die Kollegen wissen es

Tagtraum: Bofrost bei Aral

In meinem Briefkasten ist ein Zettel von Bofrost. Vergeblicher Zustellversuch von Backofenpommes, Kabeljaufilet, Walnusseis und Prinzessbohnen. Die Sachen sind in einer Crushed Ice-Truhe vor einer nahegelegenen Tankstelle abgelegt worden und können dort abgeholt werden. Bei Ankunft an der Tanke spät nachts sind aber nurnoch die Bohnen da. Dem 14-jährigen Studenten am Nachtschalter ist alles scheißegal. „Nehmen sie sich Eis von Langnese mit, wenn sie wollen.“ – „Ich will aber kein scheiß Langnese, ich will das scheiß Walnusseis von scheiß Bofrost.“ – „Mir scheiß egal.“ Fassungslos kaufe ich dann noch eine Bifi Roll und ein Carazza.

Tagtraum: Die drei Elstern

Am Glücksspielautomaten mit dem Namen „Drei diebische Elstern“ hat ein Mann panische Angst, dass drei Elstern in einer Reihe erscheinen, weil er befürchtet, dies könne bedeuten, dass die Elstern sich mit seinem bisherigen (kleinen, aber immerhin) Gewinn davonmachen, er alles verliert. Da passiert es: drei Elstern. Der Automat blinkt und dudelt laut – und er gewinnt den Jackpot, fast 1000 Euro. So kann man sich täuschen, die Angst wegen des Namens war ja ganz unberechtigt und auch etwas albern. Dann verliert er aber später alles und teils noch mehr am „Drei schwarze Löcher“-Automat.

Tagtraum: Wochenmarkt

Später Tagtraum: bin auf einem Wochenmarkt unterwegs und möchte an einem Gemüsestand Petersilie. „Krause oder glatte Petersilie?“ – Und dann ich: „Es gibt keine glatte Petersilie. Das ist Schnittlauch.“ Der Verkäufer schaut mich entgeistert an, klappt den etwa zehn Meter langen Stand mit einer einzigen Handbewegung zu einem kleinen Koffer zusammen und verschwindet mit hochgeschlagenem Kragen um die nächste Häuserecke.